Lieber schwul als tot
homo.net Info vom 4. Januar 2024
von Webmaster Jan
Der erzkatholische Präsident Burundis hält die gleichgeschlechtliche Ehe für eine abscheuliche Praxis. In einer öffentlichen Fragestunde mit Journalisten bezeichnete er Homosexualität als einen Import aus dem Westen und forderte dazu auf, „dass man diese Menschen, wenn man sie in Burundi findet, besser in ein Stadion bringen und steinigen sollte“. Das könne keine Sünde sein.
Burundi ist das mit Abstand ärmste Land der Erde. Das Bruttoinlandsprodukt von 311 US-Dollar pro Kopf entspricht gerade einmal 0,6 Prozent von Deutschland. Nicht Brot und Spiele, wie im alten Rom, sondern Spiele ohne Brot können das Elend der Menschen in diesem Land wohl nicht mehr retten.
Dabei ist Homosexualität etwas ganz Natürliches. Die sexuelle Orientierung wird durch ein komplexes Zusammenspiel von Genen und Umwelt bestimmt. Ob Insekten, Spinnen, Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel, Affen oder Menschen - bei mehr als 1.500 Arten ist sie inzwischen nachgewiesen. Weil sie bei so vielen verschiedenen Arten vorkommt, gehen Forscher heute davon aus, dass sie schon relativ früh in der Evolution entstanden sein muss. Möglicherweise hat sie sich auch mehrfach entwickelt.
Da gleichgeschlechtliches Verhalten nicht direkt zur Fortpflanzung beiträgt, gilt es als evolutionäres Rätsel, als darwinistisches Paradoxon. Dies zieht die Aufmerksamkeit von Wissenschaftlern aus verschiedenen Bereichen auf sich, von der Soziologie und Psychologie bis hin zur Verhaltens- und Evolutionsbiologie.
In groß angelegten Studien gehen Forscher der Frage nach, welchen Nutzen homosexuelle Handlungen haben und wie diese Gene immer wieder weitergegeben werden, obwohl bei konsequent homosexuellem Verhalten die Fortpflanzung ausgeschlossen oder zumindest stark eingeschränkt ist.
Wenn ein teilweise vererbbares Verhalten in den verschiedensten Klassen und Ordnungen immer wieder auftritt, dann ist es entweder sehr alt oder es entwickelt sich immer wieder neu. Das kann kein Zufall sein. Es muss massive Vorteile für das Überleben der Art haben. An der Universität Yale in den USA fragt man sich deshalb schon nicht mehr, warum sich Individuen homosexuell verhalten, sondern warum sie es nicht tun.
Beim Menschen scheint dieses Rätsel inzwischen gelöst: Ob empfundene Homosexualität ausgelebt wird oder nicht, hängt allzu häufig vom sozialen Umfeld ab. Oft ist sie gesellschaftlich geächtet oder wird sogar sanktioniert.
Dabei kommt Homosexualität vor allem bei Arten mit vielfältigen sozialen Ordnungen vor. Bei den Bonobos, unseren nächsten tierischen Verwandten, ist sie ein unverzichtbarer Bestandteil ihrer Gesellschaft. Sie fördert soziale Bindungen und kann helfen, gewalttätige Konflikte zu vermeiden.
Auffallend häufig sind gleichgeschlechtliche Handlungen bei Tieren, deren Machtkämpfe bis zum Tod des Unterlegenen ausgetragen werden. Hier scheint die homosexuelle Umarmung besonders überlebenswichtig zu sein: Lieber schwul als tot.
Ein Team der Universität von Queensland in Australien hat mit Hilfe einer großen Genomstudie herausgefunden, dass bestimmte Genvarianten, die bei manchen Individuen zu gleichgeschlechtlichem Sex führen, bei anderen zu mehr gegengeschlechtlichen Fortpflanzungspartnern und vielen Kindern führen. Dies hat mehrere gegensätzliche Effekte, wobei die positiven Einflüsse auf die Fortpflanzung die negativen überwiegen - einfach ausgedrückt: entweder homosexuell oder promiskuitiv.
Homosexualität ist ein entscheidender Vorteil bei der Gruppenbildung. Sie kann aber auch zu Homophobie führen, wenn eine homosexuell zusammengeschweißte Gruppe auf eine eingefleischte heterosexuelle Gruppe trifft.
Verwechslungen kommen natürlich auch vor: Verdammt, sagte der Igel, und stieg von der Bürste.
Schließlich dienen sexuelle Handlungen oft nicht nur der Fortpflanzung, sondern auch der Bindung, der Lust und der Freude. Was die Wissenschaft so alles feststellt...
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